Wie bereits schon häufiger kommuniziert, dient unsere Wand der Mitmenschlichkeit nicht nur dazu, warme Kleidung an Menschen mit Bedarf zu verteilen. Viel mehr noch, hat sich dieser Bereich am RuruHaus zu einer Begegnungsstätte entwickelt.

So bin ich kürzlich mit Wolle ins Gespräch gekommen, der unser Angebot einer Winterjacke gern angenommen hat. Wolle ist Punk und immer in Begleitung seines Hundes, der ebenfalls an unserer Wand warm eingekleidet wurde (Dank an Nadja hierfür).

Ich fand das, was Wolle in unserem Small Talk zu sagen hatte interessant und verabredete mich mit ihm auf einen Kaffee für ein etwas längeres Gespräch. Und dies verlief so…

 

NN: Hallo Wolle, stell dich doch zunächst mal bitte kurz vor.

Wolle: Wie du schon weißt, nennen mich alle Wolle. Ich bin 42 Jahre, komme ursprünglich aus Hannover und lebe seit 11 Jahren in Kassel.

NN: Warum ausgerechnet Kassel?

Wolle: Ich brauchte einen Tapetenwechsel, bin dann hier gestrandet und hängengeblieben.

NN: Lebst du auf der Straße, oder hast du eine Wohnung?

Wolle: Ich habe ein etwa 23 m² großes Zimmer, dort lebe ich mit meinem Hund.

NN: Wovon lebst du?

Wolle: Von meiner Erwerbsminderungsrente.

NN: Wieso bist du erwerbsgemindert?

Wolle: Ich bin gelernter Koch, hatte 3 Bandscheibenvorfälle und konnte meinem Beruf nicht mehr nachgehen.

NN: Auch keinen anderen Beruf?

Wolle: Mit den Bandscheibenvorfällen kam die Depression, darauf folgte die Alkoholsucht.

NN: Trinkst du noch?

Wolle: Nein, seit 2 Jahren nicht mehr.

NN: Hat dir jemand beim Entzug geholfen?

Wolle: Ja, mein Hund. Den Rest habe ich selbst gemeistert.

NN: Reicht deine Erwerbsminderungsrente zum Leben?

Wolle: Nein.

NN: Was tust du, um über die Runden zu kommen?

Wolle: Containern, Flaschen sammeln. Mache halt alles, was ein paar Groschen bringt.

NN: Wie wirkt Kassel auf dich, wie begegnen dir die Menschen hier?

Wolle: Trotz des vielen Betons sehe ich Kassel eigentlich eher positiv. Es gibt auch sehr viele schöne Ecken. Mit den Menschen habe ich gute und schlechte Erfahrungen gemacht.

NN: Kannst du Beispiele nennen?

Wolle: Ja, letztes Weihnachten kam ein Mann auf mich zu und schenkte mir 300,- € für Essen und Kleidung. Ich kannte ihn nicht, aber er machte mich ein wenig sprachlos. Negativ begegnet mir immer wieder rechtes Gedankengut. Nicht nur in Kassel, auch im Umland.

NN: Hattest du schon richtig Stress mit denen?

Wolle: Ja, aber ich schrecke nicht vor Nazis zurück.

NN: Wie nimmst du unsere Wand der Mitmenschlichkeit wahr und wie hast du hiervon erfahren?

Wolle: Gut, dass es solche unbürokratische Hilfe gibt. Ich habe den Ort eigentlich zufällig entdeckt.

NN: Redest du mit Bekannten darüber?

Wolle: Klar. Ich sagen meinen Freunden schon, dass es am RuruHaus warme Kleidung gibt.

NN: Wenn ich dich jetzt frage, welche Hilfe besonders wichtig für dich wäre….

Wolle: In erster Linie tierärztliche Hilfe für meinen Hund.

NN: Ich schließe daraus, dass dein Hund nicht nur dein Begleiter, sondern auch Stütze und bester Freund ist.

Wolle: Auf jeden Fall. Der Hund ist der bessere Mensch.

NN: Hast du Hobbies? Und wenn ja, welche?

Wolle: Musik. Ich mache ein wenig elektronische Musik. Hierfür kann ich das Tonstudio im Babylon Bunker am Leipziger Platz nutzen.

NN: Wenn du einen Wunsch frei hättest, was wäre das?

Wolle: Gesundheit. Und vielleicht mal ein paar Auftritte mit meiner Musik und etwas Equipment dazu.

NN: Hast du Lieblingsorte in Kassel

Wolle: Ja, an Locations das Sanderhaus, die Mutter und die Goldgrube. In der Natur gefällt es mir an der Hessenschanze am besten.

NN: Bald ist Oberbürgermeisterwahl in Kassel. Gehst du wählen?

Wolle: Ja, da gehe ich hin und gebe meine Stimme ab. (Er hat mir auch gesagt, was er wählt. Dies bleibt aber unser Geheimnis).

NN: Würde dich ein Ausflugsangebot zur Sababurg, zum Edersee oder ähnliches ansprechen.

Wolle: Ja, auf jeden Fall.

NN: Vielen Dank für das Gespräch und bis bald.